Als erste öffentliche Veranstaltung zeigt das Filmhaus-Kino „Lichtwerk“ in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt und der Volkshochschule die Filmreihe „Begegnungen mit den Niederlanden“.

Im Sommer 1985 zieht das Filmhaus in die ca. 200qm große Etage in der ehemaligen Papierwarenfabrik „Julius Opitz, Papier und Druck“ an der August-Bebel-Straße. Diese „Landnahme“ ist das Ergebnis einer konzertierten Aktion von Liegenschaftsamt (Günther Tiemann), Kulturamt (Horst Adam) und Kulturausschuss (Horst Thermann).

Aus heutiger Sicht kann dieses Vorgehen nicht hoch genug bewertet werden: Dass drei Institutionen der Stadt Bielefeld Vertretern der freien Kultur dieses Vertrauen schenkten und dafür sorgten, dass das Bielefelder Kulturleben reichhaltiger, vielfältiger und partizipativer wurde, war schon ein gewisses Wagnis. Aus dem zuständigen Dezernat kamen zur Entwicklung der freien Kultur übrigens keine Signale, was leider auch später lange so bleiben sollte. Dass der „Panzerkreuzer August-Bebel-Straße“ mit „Artists Unlimited“, „Milestones“ (damals noch „Café Pönk“) und „Filmhaus“ mit seinem „Lichtwerk“ in den Bielefelder Osten hineinstrahlte und den Stadtteil attraktiver machte, erweist sich als glücklicher Baustein in Sachen Stadtentwicklung.

In diesem Gebäude kann das Filmhaus endlich seinem Namen gerecht werden. Denn die, zum großen Teil in Eigenarbeit hergerichteten Räume bieten Platz für eine Abspielstätte (Kino) mit Foyer, ein Büro, zwei Schneideräume für Video und Film und einen geräumigen Seminar-/Versammlungsraum. Gleichzeitig ergeben sich durch die Einbindung in das vom Verein „Artists Unlimited“ bewohnte Atelierhaus vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Kulturschaffenden aus anderen Bereichen der bildenden Kunst.
Der Verein besitzt erstmals eine räumliche Basis, die die kontinuierliche Arbeit erleichtert und eine ständige Anlaufstelle für die Bielefelder darstellt.

Julius Opitz Papierwarenfabrik

Mit dem Aufbau einer Videothek in der Stadtbibliothek Bielefeld macht das Filmhaus erstmals regionale Film- und Videoproduktionen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.

Die Filmhaus-Räume sahen in den ersten Jahre im Opitz-Gebäude ziemlich spartanisch eingerichtet aus. Die Möblierung bestand 1985 weitgehend aus ausrangiertem Schulmobiliar.

Informationen wurden auf einer großen Tafel geteilt. Im Kinofoyer saßen die Besucher auf stilsicheren Kneipenstühlen und die Getränke standen dabei auch schon mal auf Gartentischen. Als Regale diente eine umgebaute ausrangierte Ladenausstattung. Die Schaltzentrale, in der Filmhaus-Mitglieder informiert, Filmgeräte vermietet, Filme gebucht und Seminare arrangiert wurden, verfügte über ein einziges Telefon , um das immer wieder Streit entstand, wer denn nun die dringende Verbindung mit der Aussenwelt herstellen durfte. Geschrieben wurde auf elektrischen Schreibmaschinen und das Layout der Publikationen fand mit Schere und Klebstoff statt. Das Finish erledigte das Personal am hauseigenen Kopierer im Flur von Artists Unlimited, der als modernen letzten Schrei über wechselbare Farbkartuschen verfügte. Der überdimensionierte Bürostuhl war ein ausrangierter Chefsessel aus dem Hause Oetker, dem immer wieder die Rollen abhanden kamen – ein echter geschenkter Gaul… Die Wände bestanden anfangs alle aus Rigips und so blieb kaum ein gesprochenes Wort geheim – alle waren stets über alles informiert… Später entstanden sukzessive gemauerte Raumteiler und so wurde dann auch der Sound aus den Schnitträumen mit seinen endlosen Wiederholungen von Arbeitssequenzen erträglicher. Die Lichtwerk-Außenwerbung bestand aus einem Schild mit zwei Baustrahlern und in den Fensteröffnungen machten bunte Holzflächen mit aufgemalten Filmstreifen auf das Geschehen in dem alten Industriegebäude aufmerksam.

Erst mit steigendem Etat veränderte sich das Erscheinungsbild und das schwedische Möbelhaus hielt Einzug. Dennoch gilt nach wie vor die Maxime der sparsamen Haushaltsführung und so waren die Mitglieder immer wieder gefordert, kreative Lösungen für die Weiterentwicklung ihres Vereinsheims zu finden und bei Bedarf auch den Pinsel zu schwingen. Einblicke in die spätere Styling vermittelt die Filmhaus-Foto-Historie.

In den Räumen an der August-Bebel-Straße konnte das Filmhaus endlich durchstarten, Ideen entwickeln und mit vielen erfolgreichen Projekten wie dem „Lichtwerk“, dem „Bilderbeben“, den „Nachtvisionen“, dem Kinderfilmfest, „Bingo“, dem „Luna Open Air Kino“, dem „Mondscheinkino“, „Bielefeld leuchtet!“, einem reichhaltigen Seminarprogramm und nicht zuletzt mit den legendären Filmhaus-Parties die filmische Kulturleben bereichern.

Filmhausbüro 1989

Filmhausbüro 1989


16mm Schnittraum

16mm Schnittraum


Ausstellung im Kinofoyer

Ausstellung im Kinofoyer


Seminarraum 1989

Seminarraum 1989

Die Bilder geben den Stand im Jahr 1989 wieder.

Hinter jedem Erfolg steckt ein Rezept – das meistens streng gehütet wird.
Das Lichtwerk schwimmt auch in dieser Frage gegen den Strom und lüftet sein Geheimnis: Der Erfolg des bunten und vielfältigen Kinoprogramms hat viele Mütter und Väter – kreative, kluge, engagierte und bisweilen besessene Filmfans, die sich bei Blümchenkaffee und Platenkuchen in Stimmung bringen.
Die Geschichte des Lichtwerks beginnt als Kino im Filmhaus an der August-Bebel-Straße.

Es hat sich seit der Gründung 1985 aus einer Studierendeninitiative in kurzer Zeit zum professionell geführten Filmkunsttheater entwickelt. Die für die Filmauswahl verantwortliche Programmgruppe besteht aus vier bis fünf Filmbegeisterten aus dem Umfeld des Filmhauses. Sicherlich ist für das lebendige und vielfältige Programmprofil auch die heterogene Zusammensetzung der Gruppe verantwortlich.

Lichtwerk ist „Kino mit Programm“, verfolgt also die programmatische Zielsetzung, Entwicklungen der Filmgeschichte deutlich zu machen, Filmkulturen anderer Länder vorzustellen, bedeutende Regisseure der Gegenwart zu porträtieren und besonders die neuen Entwicklungen und Protagonisten des Films zu präsentieren.

Daneben spielt das Kinderkino-Programm mit begleitender medienpädagogischer Betreuung eine wichtige Rolle. Hier wollen wir unseren ZuschauerInnen von Morgen mit ausgewählten, wertvollen Kinderfilmen schon früh Medienkompetenz und Filmgeschmack vermitteln. Wir haben die Geschichte unseres Kinos Lichtwerk zu einer Foto-Story verarbeitet!

Massolle-Ausstellung im Lichtwerk Foyer 1989

Joseph Massolle-Ausstellung im Lichtwerk Foyer 1989

Schon bei der Gründung des Lichtwerks durch die fünf Filmhausmitglieder Jürgen Hillmer, Richard Lutterbeck, Gunda Urban, Udo Penner und Raimond Goebel stand die Finanzierung des Kinos auf wackeligen Beinen. Da die Instandsetzung und Umbauten der Räume zum Kinosaal mit Vorführkabine aus eigenen Mitteln ohne Förderung bewerkstelligt werden mussten und auch die Arbeit im Kinobetrieb ehrenamtlich erfolgte, erdachten sich die Filmenthusiasten kreative Lösungen zur Finanzierung der Betriebskosten.

Zur Eröffnung wurde für wohltätige Zwecke eine Party gefeiert und schon bald wurden die ersten Lichtwerk-Pässe unter das Volk gebracht. Mit dem Pass konnte der Eintritt ermäßigt werden und rasch erkannten die „Heavy User“ die Vorteile dieses Dokuments. Anfangs öffneten die Lichtwerker nur an drei Tagen in der Woche das Kino und am Wochenende war spielfrei, da man sich auch privat vergnügen wollte. Doch schon bald war klar, dass der Bedarf an guten Filmen nicht allein durch die anderen Lichtspielhäuser zu decken war und das Lichtwerk stärker gebraucht wurde.

Spielte man anfangs fast ausschließlich Repertoire, filmgeschichtlich relevante oder zu Unrecht vergessene Werke oder Avantgardefilme, kamen rasch immer häufiger auch aktuelle Filme ins Programm, möglichst im Original mit Untertiteln. Über die Jahre mauserte sich das Lichtwerk für engagierte Filmverleiher auch zum Erstaufführungskino, da sich das Stammpublikum für Neues aus aller Welt offen und interessiert zeigte. Mehr Bilder zum Lichtwerk.