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Finnische Filme im Lichtwerk war ein Beispiel für die Spürnase, die die Lichtwerk-Programmgruppe für interessante neue Filme entwickelt hatte. Beim Filmfestival in Selb waren die Kinomacher auf die Filme der Kaurismäki-Brüder aufmerksam geworden und den Plan gefasst, diese noch nicht im deutschen Verleih erhältlichen Filme nach Bielefeld zu holen.

Die Begeisterung für den lakonischen und trockenen Humor der Finnen und die unbekannten und beeindruckenden Schauspieler setzte ungeahnte kreative Kräfte frei, so dass es gelang, finanzielle Mittel für ein Mini-Festival locker zu machen. In Koproduktion mit dem Kommunalkino Bremen, der deutsch-finnischen Gesellschaft und der finnischen Botschaft gelang der Filmtransfer aus dem hohen Norden. Trotz einer Zusage im Januar gelang es letztlich nicht, Aki und Mika Kaurismäki nach Bielefeld zu holen. Vielleicht war dabei Alkohol im Spiel…

Kaurismäki-Einladung 1988

Kaurismäki-Einladung 1988

Das Lichtwerk präsentierte im Oktober 1988 mit „Der Lügner“ und „Schuld und Sühne“ die Frühwerke von Mika und Aki. Dazu „Schatten im Paradies“ mit Kati Outinen und Matti Pellonpäa, „Hamlet macht Geschäfte“, eine Shakespeare-Adaption mit Slapstick-Elementen von Aki Kaurismäki. Zusätzlich gab es eine Produktion der Kaurismäkis-Firma „Villealfa“ von Pauli Pentti zusehen: „Macbeth“ nach Shakespeare.

Finnische Filme Programm 1988

Finnische Filme Programm 1988

Seit dieser Zeit sind die Filme von Aki und Mika Kaurismäki regelmäßiger Bestandteil des Bielefelder Kinoprogramms; besonders hat uns später die Verleihung des Friedrich-Wilhelm Murnau Preises an Aki Kaurismäki gefreut. Zu diesem Anlass war der finnische Regisseur schließlich doch noch einmal im Lichtwerk.

Intercom – Das Medienkunstfestival war eine kleine Sensation für Bielefeld. Im Jahr 1988 war auch Bielefeld reif für Medienkunst. Gefördert vom Kulturamt Bielefeld erdachte sich das Filmhaus-Team rund um Klaus-Dieter Michel, Manfred Jurasek, Stephan Schmidt, Ronald Herzog unter dem Titel „Intercom“ ein Programm, das sich von der Kasseler „Documenta“ inspirieren ließ.

Digital war zwar noch nicht ganz so viel und von einem Internet durfte man noch träumen. Avantgarde waren Faxübertragungen, Farbkopierer, Anrufbeantworter und der Röhrenbeam. In der ehemaligen Hemdenfabrik „Schäffer & Vogel“ stellte das Filmhaus ein sattes Programm aus Performances, Installationen, Projektionen und Parties zusammen: Intercom – Das Medienkunstfestival. 14 Tage lang waren hier Experimente und Auftritte lokaler und internationaler Künstler zu erleben. Mit dabei Toine Horvers, Paul Mc Laren, Matthias Arndt, Paul Haywood, Sabine Bürger, Matthias Müller, Owen O’Toole, Stephan Schmidt, Klaus-Dieter Michel u.v.a. Im Jahr 1991 gab es eine Fortsetzung der Medienkunsttage an verschiedenen Ort in Bielefeld.

Intercom - Das Medienkunstfestival "Phonecalls"

Phonecalls mit Paul McLaren und Paul Haywood


Intercom - Das Medienkunstfestival Phonecalls mit Paul McLaren und Paul Haywood

Phonecalls mit Paul McLaren und Paul Haywood im Schäffer-Vogel-Haus


Intercom - Das Medienkunstfestival mit Sabine Bürger

„A Prayer for England“ Performance Sabine Bürger


„A Prayer for England“ Performance Sabine Bürger

„A Prayer for England“ Performance Sabine Bürger


Oberstufenkolleg "Schrott-Klang-Performance" Intercom - Das Medienkunstfestival

Oberstufenkolleg „Schrott-Klang-Performance“


Oberstufenkolleg "Schrott-Klang-Performance"

Oberstufenkolleg „Schrott-Klang-Performance“

Die Filmhausparty „30 Grad im Schatten“  am 27.8.1988 versprach viel und konnte nicht alles halten.

Auf dem Programmzettel standen „Die vereinigten Biele-Fischer-Chöre“, „Swinging Dieter Wendt“, „Luis Trenker und der Höllenpfuhl“ (aka Helmut Lemke) und „Sir Udo“ nahm als Filmquizmaster dem Publikum die Reifeprüfung ab. Als „Filmbombom“ wurde Werner Nekes „Johnny Flash“ mit Helge Schneider open air gezeigt. Einige Auftritte fielen dem Lampenfieber zum Opfer. Zumindest das Wetter passte im August 1988 allerdings.

Filmhausparty 30 Grad im Schatten

Plakat Filmhausparty 30 Grad im Schatten

Unter dem Motto „Zeigen Sie Ihr Video!“ startete auf Initiative von Barbara Witych im Jahr 1988 eine Veranstaltungsreihe mit experimentellen und dokumentarischen Videos.

Gezeigt wurden die Videos im Beisein der Künstler im Lichtwerk („ViL – Video im Lichtwerk“). Für die Celluloid-Fans der Lichtwerk-Programmgruppe war dieses Format eine besondere Herausforderung und der Beginn eines erweiterten Programmbegriffs. Der Video-Technik haftete zu dieser Zeit noch der Geruch des Fernsehformats an und eine Aufführung von Videos im Kino stellte etwas Besonderes dar. Das Filmhaus konnte dieses Vorführformat leisten, da es bereits über einen sog. Drei-Röhren-Beam verfügte, der im Kinosaal unter der Decke verschraubt war.

Das erste Kinderfilmfest startete am 26. Juni 1988 im Filmhaus-Kino „Lichtwerk“.

Auf Initiative der Lichtwerkerin Petra Wonsowitz und unterstützt von Martina Morre und Christiane Wollin zeigte das Lichtwerk alte und neue Filme für Kinder. Das Programm wurde medienpädagogisch mit vielen Mitmach- und Spielaktionen begleitet. Das Kinderfilmfest war eine Kooperation mit dem Kulturamt Bielefeld, dem Verein „Spielen mit Kindern“ (Sigrid Zinser, Mane Huchler) und dem „Mobilen Kinder- und Jugendkino“. Der Beginn einer bis heute andauernden Tradition im „Lichtwerk„!

„Artists Unlimited“ in der Bielefelder Kunsthalle
Die Künstlergruppe „Artists Unlimited“ stellte in der Bielefelder Kunsthalle vom 5.5. bis 19.6.1988 unter dem Motto „Hier macht doch eh jeder was er will“ aus.

Der Titel der Ausstellung gibt schon ein wenig von der Programmatik und der wilden Mischung der Vereinsmitglieder preis. Der Gruppenkern hatte sich bereits formiert, als es im Jahr 1985 seitens der Stadt die Möglichkeit gab, das ehemalige Fabrikgebäude der Papierwarenfabrik Opitz zum Atelierhaus umzuwandeln. Gleichzeitig ging auch das angrenzende ehemalige Wohnhaus der Familie Willy Katzenstein in diese Nutzung über. Seitens der Stadt waren an dieser konzertierten Aktion der Leiter des Liegenschaftsamtes, Günther Tiemann, der Vorsitzende des Kulturausschusses, Horst Thermann, und der Leiter des Kulturamtes, Horst Adam, maßgeblich beteiligt.
Die KünstlerInnen bezogen zum Großteil mit Rigips parzellierte Fabriketagen, die zuletzt vom Fernmeldeamt genutzt worden waren und entfalteten ihre kreativen Kräfte. Die Bielefelder Kunsthalle unter der Leitung von Ulrich Weisner zeigte sich erstmals offen für Bielefelder Künstler. Kuratiert von Jutta Hülsewig-Johnen stellte „Artists Unlimited“ in der Studiengalerie der Kunsthalle ungewöhnliche, humorvolle und bisweilen respektlose Kunst aus. Zur Ausstellung produzierte die Künstlergruppe einen Katalog auf Packpapier und eine Vielzahl von bemalten und aus Wellpappe laubgesägten figurativen Wegweisern.
Beteiligt waren Christine Kaupmann, Tanja Smolka, Siggi Lafin, Andrea Heissenberg, Yvonne Kuschel, Tom Dombrowski, pedda Borowski, Katharina Künkel, Matthias Arndt, Rosi Marx, Regina van Laak-Bérenger, Anne Flore, Eva Neugebauer, Claudia Kriemelmann, Holger Köppen, Dietrich Schulze, Roland Egert, Pip Cozens. Als Präsident der Gruppe trug Daniel Bérenger im Hintergrund viel zum Gelingen der Ausstellung bei.Den Einband des Katalogs gestaltete pedda Borowski mit einer unchristlichen Adaption von Da Vincis „Abendmahl“ mit einem Jesus als Leerstelle. Für das Filmhaus, das ebenfalls 1985 einen Teil der Fabrikräume bezogen hatte, dokumentierte und kommentierte Barbara Witych das Geschehen.

Die nächste Gruppenausstellung in Bielefeld arrangierte Thomas Thiel im April 2009 im Bielefelder Kunstverein im Museum am Waldhof im Rahmen der Ausstellung „Das Bielefelder Gefühl“, bei der die „Artists“ für drei Wochen eine „Bielefelder Wand“ gestalteten. „Artists Unlimited“ ist da bereits fast 25 Jahre alt und immer noch quicklebendig.

Artists Unlimited Ausstellung Katalog

Artists Unlimited Ausstellung Katalog

Im Filmhaus Bielefeld kamen Raimond Goebel und Ronald Herzog im Frühjahr 1988 auf die Idee, den Filmemacher Herbert Achternbusch zu einem dreimonatigen Arbeitsbesuch einzuladen.

Gemeinsam mit der Künstlergruppe „Artists Unlimited“ sollte Achternbusch als Gastkünstler im Haus an der August-Bebel-Straße künstlerisch tätig sein, seine Bilder ausstellen, Interviews geben und seine Filme im Kino „Lichtwerk“ begleiten. Dieses Ansinnen, das die Initiatoren nach Rücksprache mit Jörg Drews unterbreiteten, stieß nicht auf Gegenliebe und wurde von Achternbusch charmant aber deutlich abgelehnt. Die Filmhaus-Gastgeber konnten sich damit trösten, dass der spätere Murnau-Filmpreisträger 1996 auch bei der Preisverleihung mit Abwesenheit glänzte. Eine Absage mit früher Ansage…

Im Dezember 1987 werden Raimond Goebel und Jürgen Hillmer gemeinsam zum geschäftsführenden Filmhaus-Vorstand gewählt. Weiterhin sind im Vorstand vertreten: Birgit Eßling, Udo Penner und Barbara Witych.

Moderator Ronald Herzog mit der Siegertrophäe

Im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) tritt Ronald Herzog ab 1.10.1987 eine Stelle im Filmhaus an.

Herzog ist ausgebildeter Gymnasiallehrer und im Filmhaus als Medienpädagoge u.a. für Kurse und Seminare zuständig. Filmisch vorbelastet ist Herzog allein schon durch seine Herkunft aus Oberhausen und die Begeisterung für die dortigen Internationalen Kurzfilmtage. Im privaten Bereich sammelte Herzog erste eigene Filmerfahrungen mit Super-8 und Video und betätigte sich als Cutter.  Neben Barbara Witych organisiert Herzog die Ausleihe von Geräten und ist Ansprechpartner während der Filmhaus-Öffnungszeiten. Zum Arbeitsantritt begleitet er die Durchführung der griechischen Filmwoche im Lichtwerk in Kooperation mit der VHS Bielefeld. In der Folge arbeitet Ronald Herzog auch in der Lichtwerk-Gruppe mit, organisiert Filmreihen und arbeitet an der Professionalisierung des Filmhaus-Kinos mit.

Das Cocteau-Festival im Lichtwerk geht auf die Initiative des Präsidenten der Künstlervereinigung „Artists Unlimited“, Daniel Bérenger, zurück.

Im Zentrum stehen die Werke des französischen Schriftstellers, Malers und Regisseurs (1889-1963). Das Lichtwerk verwandelt sich im April 1987 dementsprechend in einen Multifunktionsraum für eine Kammeroper („Die menschliche Stimme“), ein Theaterstück („Der schöne Teilnahmslose“) und Filmvorführungen („Orphée“, „Les parents terrible“, „Le sang d’un poète“). Eine Ausstellung mit Zeichnungen von Jean Cocteau gab es natürlich auch noch.

Cocteau-Festival im Lichtwerk 1987

Cocteau-Festival im Lichtwerk 1987